Die Maultrommel (in der Schweiz das Trümpi)
Die Maultrommel ist ein Naturtoninstrument, d.h. ihre spielbaren Töne finden sich in der Naturtonreihe. Für westliche Musiker sind hauptsächlich die Naturtöne 7,11 und 13 schwierig zu finden! Der Grundton klingt als Bordun immer mit (Zweiklang). Das recht kleine (meist ca. 1 Finger lang) Instrument besteht aus einem Rahmen und einer schwingfähigen Zunge. Der Mund wirkt als Resonator (Klangverstärker, Filter und Modulator). Darum wirkt die Musik der Maultrommel (wie Mundbogen) in den Musiker hinein, im Gegensatz zu den allermeisten Instrumente. Musikwissenschaftlich ist die Maultrommel ein Zupfidiophon. Sie wird in weiten Teilen der Welt aus Bambus, Metall, Knochen (z.B. sheler khomus) oder aus Holz (z.B. yiash khomus) hergestellt und gespielt. Es gibt zwei Arten von Maultrommeln:
- Zweiteilige Maultrommel(Rahmen und Feder) (Heteroglot)
- Einteilige Maultrommel (Idioglot)
Geschichte der Maultrommel
Forscher glauben, dass der Ursprung der Maultrommel aus Holz und Knochen in der Steinzeit in Südasien liegt. Man kann sich vorstellen, dass Menschen die Idee durch Beobachten der Natur gefunden hatten. Die Späne und Splitter eines im Sturm abgebrochenen Baumstrunks summten im Wind...
Der Bau von metallenen Maultrommeln war ein wesentlicher Schritt. In der Ural-Region fand man Instrumente aus dem 8.Jahrhundert.
In Europa fand man in einer Burgruine, die 1399 zerstört wurde, eine Maultrommel aus Metall. Normalerweise zersetzt sich Holz und auch Eisen nach wenigen Jahren. So verliert sich die Herkunft der Maultrommel im Dunkel der Zeit. Die älteste gewerbsmässige Erzeugungsstätte in Europa dürfte Molln in Oesterreich sein. Dort besteht seit 1679 eine Zunft der Maultrommelmacher. Im 19.Jh. sagte in Molln ein Sprichwort: Die Sensenschmiede schlagen aus Eisen Taler, die Maultrommelmacher Zwanziger. 1935 wurden jährlich 1 1/2 Millionen Stück hergestellt und exportiert.
Zweiteilige Maultrommel
Diese Art Maultrommel besteht aus 2 Bauteilen: aus einem Rahmen und einer Feder, die zusammengefügt sind. Diese Maultrommelart ist in Europa und Amerika vorherrschend, wird aber auch in andern Teilen der Welt gespielt (z.B. von türkischsprechenden Leuten im Ural, Sibirien und Zentralasien). Sie besteht aus Metall, meistens Stahl. Es gibt aber auch Instrumente aus Messing oder sogar aus Silber.
Das Instrument wird mit dem Schenkeln an die leicht geöffnete Zahnreihe gelegt, so dass die gezupfte Feder ungehindert schwingen kann. Die Mundhöhle ist der Resonator. Durch verschiedene Stellung der Backen, Lippen, Zunge, Kiefer, Gaumen werden jeweils andere Obertöne (Naturtöne) verstärkt und gut hörbar. Das unscheinbare Instrument ist von hoher akustischer Bedeutung, da die reine Naturtonreihe gespielt werden kann und damit auch anspruchsvolle Melodien möglich sind.
Gelegentlich spielen Musiker 2 oder mehrere verschieden gestimmte Instrumente, z.B. Instrumente in Quint- oder Quartabstand. Somit haben sie Töne von mehreren Naturtonreihen zur Verfügung, mit denen sie sehr komplexe Musik spielen können.
Geübte Spieler setzen etliche Techniken für bestimmte Klangeffekte ein, z.B. wird oft rhythmisch zum Zupfen der Feder durch den Mund aus- und eingeatmet.
Es gib auch mehrere Arten des Zupfens der Feder, Handstellung, Fingerwahl, Zupfen in Richtung Mund oder weg vom Mund usw.
Einteilige Maultrommel
Sie wird aus einem einzigen Bauteil gefertigt. Heute besteht sie meist aus Metall und Bambus, früher aus Knochen Holz usw. Diese Maultrommeln werden meist an die leicht geöffneten Lippen und nicht an die Zähne gehalten (im Gegensatz zum Spiel auf der zweiteiligen Maultrommel). Im Handel sind asiatische sehr feine gefertigte Instrumente erhältlich, die oft durch kräftigen, schönen Ton auffallen.
Maultrommeln in verschiedenen Kulturen, Beispiele
Schweiz:
im
14. Jh. kannte man den Familiennamen Trümpy in Glarus und Zürich und Trümpler
in Zürich, die auch wirklich eine Maultrommel im Wappen auf dem Siegelring
führten:
Die Maultrommel wurde früher wie heute als Zeitvertrieb gespielt, früher oft auch zum "Fänschterle" (Musizieren vor dem Fenster eines Mädchens).
Heute wird in der Schweiz die Maultrommel als Soloinstrument gespielt, jedoch gibt es auch Beispiele vom Spiel mit andern Instrumenten in Musikgruppen.
Ein Maultrommler, der keine Zähne mehr hat verlegt sich gerne auf "Strählblase" (Singen durch einen seidenpapierbelegten Kamm.
Der Tessinername der Maultrommel heisst scaccia pensieri, d.h. ein Ding, das die Sorgen vertreibt.
Ein Sprichwort sagt: "Er ist Maultrommlig aufgestanden". Maultrumme wird aber auch heute noch als Schimpfwort gebraucht und bezeichnet ein keifendes Weib.
Südafrika:
Mit Isitolotolo werden Schlaflieder gespielt, weil so der schreiende Säugling beruhigt wird. Es erleichtert aber auch das Einschlafen von Erwachsenen, da der Klan alle Probleme und Traurigkeit vertreibt.
Oesterreich:
In einem Vierzeiler heisst es:
..I
kann singa, kann leiern,
Und's Brummeisen schlagn.
Judenharfe kommt wahrscheinlich vom Englischen (Jew's harp, Jew's trump) vermutlich aus "jaw's=Kiefer oder französisch "jeu".
Bursche den Weiberleuten:"...muass Enk ebba was trummin oder an'Gasslreim sagn!"
"...nser Myrtillo schlägt seine maul-trumpe"
"...wo man sieht d'Maultrommel rühren"
Liebhaber liessen ihr Instrumente aus Silber herstellen, solche machten oft den Stolz manches "Buam oder Diendls" aus.
Kaiser Maximilian I. (16.Jh.) besass einen Hofnarren namens Guggeryllis, der ein ausgezeichneter Maultrommelspieler war.
Albrechtsberger schrieb einige klassische Konzerte für Maultrommel, Mandora und Streichinstrumente.
Der Musiker Fr. Kunert aus Böhmen spielte 1830 Konzerte auf 16 Maultrommen in allen deutschen Städten und Wien, so auch Karl Eulenstein sogar in London.
Beliebt war die Maultrommel auch als ländliches Ständcheninstrument, das der Bursche vor dem Fenster der Mädchen erklingen liess und dem nach dem Volksglauben nicht zu widerstehen war. "Um det Maultrommel willen verlässt das Weib den Lotter"
Der Bursche singt:
Znachst
han i Trummel zupft
Zwischn die Zähnd,
Und da is glei mei Diandl
Zun Fensta herg'rennt
Die zauberhafte Wirkung der Maultrommel kommt auch in der Sage der Entstehung des Instrumentes zum Ausdruck. Eine zum Tod verurteilte Sünderin namens Barbara sollte in dem Falle begnadigt werden , wenn sie etwas Besonderes erfände. In der Not ersann Barbara die erste Maultrommel aus Holz, deren wunderbarer Klang die Richter bezauberte. Sie wurde Frei gesprochen. Als hl. Barbara wurde sie die Schutzpatronin der Maultrommelmacher in Molln (Zunftfahne 1691)
Yakuts und Tuvans, Zentralasien, Sibirien:
Früher hatte das Maultrommelspiel eine rituelle Funktion und wurde von Shamanen während Zeremonien eingesetzt.
Yakuts und Tuvans sind bekannt für die sprechende Art des Spiels und übermitteln Neuigkeiten mit ihren Khomus.
Liebespärchen tauschen ihre Gefühle und Gedanken mit der Maultrommel aus.
Eine Tuvan-Volkssage beschreibt die erste Maultrommel in einer tragischen Liebesgeschichte. Ein junges Mädchen wurde gezwungen, einen bay (reicher Mann) zu heiraten. Ihr Geliebter, ein geschickter Schmied, fertigte ein temir (Eisen) kobyz an, und spielte darauf um seine Gefühle auszudrücken. Er wurde immer trauriger und nahm sich das Leben. Seine verlorene Geliebte verliess den geheirateten bay und sprang auch in den reissenden Fluss. Die Khomus vom toten Schmied erinnert auch heute noch die Leute an die unglückliche Liebe.
In ganz Yakutia ist eine Liebeserklärung mit der Maultrommel auch heute noch üblich. Enge Freunde tauschen ihre Gedanken mit der "sprechenden Khomus" aus. Im Gegensatz werden die Lieder mit der "singenden Khomus" gespielt. Lerchengesang, Kuckuck-Ruf, Ziegengeschrei usw. auf der Khomus sind wichtige Spielformen.
Die manuelle Herstellung einer guten Yakut-Khomus dauert oft 5 bis 6 Tage, und geschieht nach alten Rezepten. Besonders das Hämmern, Härten und bearbeiten der Feder ist sehr kompliziert (Salz, Butter, Hornspäne, destilliertes Wasser ua.), geschieht in der Morgendämmerung und wird begleitet durch rituelle Aufrufe.
Schafhirten spielen spezielle Melodien (chabans) beim Hüten und als Zeitvertrieb.
Viele Melodien werden nicht für Publikum gespielt, sondern als Meditation für den Musiker, um das Leben zu überdenken.
In Yakutia spielen hauptsächlich Frauen, gehen oft in die Einsamkeit und vereinigen sich während dem Improvisieren mit der Natur. Sie spielen aber auch zu Hause im Familienkreis, spiele und lernen ihren Kindern traditionelle Lieder. Da die Khomus von Kind an gespielt wird, werden die Leute im Alter Meister.
Bashkirs spielen ihr kubyz als Begleitung zum Tanz. Bestbekannte Stücke sind verbunden mit Geschichten.
Heute wird die Maultrommel auch oft in Konzerten gespielt, mit moderner Technik verstärkt.
Etliche alte Spieltechniken sind heute verschwunden, aber immerhin gibt es zur Zeit gegen 20 Spieltechniken, zum Teil auch neu erfundene!
Verschiedene Namen der Maultrommel:
Schweiz: Trumpeln (1511), Trümpi - Trümpy - Trümmi (LU), Trimpi - Trimmi (UR), Muultrummle(BE), Tremolo (Bosco-Gurin), Schnurre, guimbarde - bombarde - rebaîrbe - rbiba - rbaîrbe (Jura), symphonia - zanforgna - cinforgna - zinforgna - scaccia pensieri (GB und TI), timpani - suna da bucca - trumbla - tschinforgna - schanforgna - orgel da bocca - orgian da buocha (GB)
LU Kt. Luzern, UR Kt. Uri, BE Kt. Bern, TI Kt. Tessin, GB Kt. Graubünden
In aller Welt: Maultrommel (CH D OE), jews harp (USA), trump (USA), Crembalum (OE), Brummeisen (OE), Drummeisen (OE), Doromb, trompa, marimbula, pirutu, trumb, jaw harp, Trummeisen, Maulbrummel, Schnarre, Mundeisen, Mauldromma, Mundharfe, drombe, brummla, Maulgeige, timpan, spassapensieri (I), rébute, guimbare, rebube, rabube, fanfornia, semsonia, gawe, apinette, mondtrom, jeugdtromp, speeltje, mundgige, munn harpa, munnhorpa, mungigan, munharpa, giga, huulipeli, suupeli, dambras, vàrgana, trombola, rebebbe, reboeba, riluca, spassa pensieri, zanforgne, supiaboi, maranzan, marauni, birimbao, sinfoyna, pio poyo, brumbice, trombola, brundica, drmle, brumejzla, dromla, drombulja, brukavica, drombuljica, drumelza, brumeljce, khomus, vàrgan, argan, drumlya, dorombà,worgan, rigran, dr'nkalo, dramboj, qopuz, zamburak, chang, tchang, qobiz, cang, morchang, tendor, kach-tendohor, yangroi, yheku, mazin, komi, gon kap, varàm-tùna, kabàs, temir komuz, kopys, koms, tschang kobus, temir-komus, timir khomus, suuüptùmran, quongon, kongloy, pangàr, amanchur, koukin, ko-kin, kuti no koto, kannimukur, kyakon, kiou-kin, hwang, helang, kwuo-kwuo, tuong, hoon toeng, isitolotolo (SA), yiash khomus (aus Holz, Tuva), sheler khomus (aus Knochen, Tuva), timir khomus.
CH Schweiz, SA Süd-Afrika ,EUR Europa, OE Oesterreich, USA Amerika, I Italien, D Deutschland
Quellen der Texte und Bilde, Links
Anton Bruhin, Musiker, Schweiz
Phonx Bakx: The 1000 Names of the Jew's harp, 1998, Stiching/Foundation ANTRO PODIUM
CD Khomus, Jew's harp music of Turkic peoples in the Urals, Siberia, and Central Asia, PAN 2032CD
CD Madosini, M.E.L.T. 2000, BW 108
Brigitte Bachmann-Geiser, Die Volksmusikinstrumente der Schweiz, Atlantis
Klier, Karl, Volkstümliche Musikinstrumente in den Alpen, Bärenreiter-Verlag
Brüder Mayr, Musizieren auf der Maultrommel, Musikverlag Preissler, München (Büchlein und MC)
www.jewsharpguild.org/whmo1.html
www.planet-interkom.de/andreas.schluetter/deutsch/deuspiel.htm
Mit herzlichen Grüssen,
Res Margot
9.02.05
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